Vereinsziele
Öffentlichkeitsarbeit in Justiz, Politik und Gesellschaft
Im Bereich der Strafjustiz findet der Aspekt des Opferschutzes im Straf- und Strafvollstreckungsverfahren bislang nur wenig Beachtung. Im Vordergrund des heutigen Strafprozesses steht neben der Wahrung der Rechte der/s konkret Verletzten vor allem die Klärung der Tatumstände und im Falle des Tatnachweises hauptsächlich die Ahndung. Ist der Angeklagte geständig und/oder kommt es zu einem „Deal“, wird selbst bei gefährlichen Gewalt- und Sexualstraftätern oftmals auf die Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens verzichtet. Selbst bei Erstellung eines solchen beschränkt sich der Gutachtensauftrag zumeist auf die Klärung der Schuldfähigkeit. Ob der Angeklagte an einer Störung leidet, er behandlungsbedürftig ist und welche Therapiemöglichkeiten in Betracht kommen, wird hingegen nur selten erfragt.
Therapiebedarf feststellen
Eine solche Aufklärung gehört aber bei Gewalt- und Sexualstraftaten zum Standard eines jeden Strafprozesses, zumal der Strafvollzug nur bei Kenntnis hiervon die geeigneten therapeutischen Schritte in die Wege leiten kann. Auch herrscht in Politik und Öffentlichkeit vielfach die verfehlte Ansicht, dem berechtigten Sicherheitsbedürfnis der Allgemeinheit könne nur durch eine immer strengere gerichtliche Sanktionspraxis und durch das am 29.7.2004 bundesweit neu eingeführte Instrument der nachträglichen Sicherungsverwahrung Rechnung getragen werden.
Fehlvorstellungen entgegenwirken
Dieser Fehlvorstellung gilt es entgegenzuwirken und auf die rückfallvermeidende Wirkung indizierter Therapien hinzuweisen.
Zur Beseitigung dieser Defizite ist es zunächst erforderlich, die wissenschaftlichen Forschungsergebnisse und Erkenntnisse der Rückfallvermeidung bei Durchführung indizierter Therapien in Justiz, Politik und Öffentlichkeit zu verankern.
Rechtspolitisches Engagement
Zu diesem Zweck hat die Behandlungsintiative Opferschutz das sog. "BIOS-Memorandum" verfasst und am 3.3.2009 dem Bundesministerium der Justiz vorgelegt. In diesem setzen wir uns nach schweizer Vorbild für die Verbesserung des präventiven Opferschutzes ein durch eine frühzeitige Begutachtung des Täters schon in der gerichtlichen Hauptverhandlung im Hinblick auf seine ggf. fortbestehende Gefährlichkeit, seine Behandlungsbedürftigkeit und Behandlungsfähigkeit sowie die Möglichkeiten einer Therapie. BIOS unterstützt ausdrücklich die Anfang 2008 vorgestellte Züricher Opferschutz-Charta.
Weitere Einzelheiten zum "BIOS-Memorandums" und zur politischen und wissenschaftlichen Diskussion können Sie hier nachlesen.
Ansprechpartner für Angehörige der Justiz in Behandlungsfragen
Die Behandlungsinitiative Opferschutz (BIOS-BW) e.V. ist Ansprechpartner für Angehörige der Strafjustiz in Baden-Württemberg. Nach den Vergaberichtlinien des Fonds „Psychotherapie und Bewährung“ ist lediglich die Vollzugsanstalt zur Antragstellung für die Durchführung einer ambulanten Therapie im Strafvollzug befugt. Den Angehörigen der Justiz selbst ist eine solche Möglichkeit verwehrt, obwohl gerade der sachbearbeitende Staatsanwalt, der Vorsitzende des erkennenden Gerichts oder der Strafvollstreckungskammer die Notwendigkeit einer Behandlung durchaus sachgerecht beurteilen können. Zudem entspricht es forensischer Erfahrung, dass entsprechende Hinweise in Gerichtsentscheidungen oftmals ungehört verhallen, da der Strafvollzug aus finanziellen Gründen selbst nicht zur Umsetzung der gerichtlichen Therapieempfehlungen in der Lage ist.
Justiz unterstützen
Dieses Defizit soll beseitigt und Richtern und Staatsanwälten die Möglichkeit eröffnet werden, in geeigneten Fällen selbst auf die Durchführung von Therapien hinwirken zu können. Bei entsprechenden Anregungen - oftmals auch durch Rechtsanwälte - setzt sich BIOS zumeist durch einen Therapeuten der FAB mit dem Fonds „Psychotherapie und Bewährung“ in Verbindung und regt bei Vorliegen der Vergaberichtlinien eine Antragstellung durch die zuständige Justizvollzugsanstalt an. Oftmals suchen bei entsprechender Anregung die Therapeuten der FAB den Gefangenen auch persönlich in der Haftanstalt auf und nach einem Anbahnungsgespräch regt dieser beim zuständigen Anstaltspsychologen auch die Antragstellung beim FOND für eine Therapie an.